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20. Mai 2025

Referentenentwurf zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes – Folgt bald die Umsetzung?

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Mit großem Interesse sollten Unternehmer die Änderungspläne zum Außenwirtschaftsgesetz verfolgen. Geplant ist, Sanktionsverstößen in Zukunft härtere Strafen gegenüberzustellen. Mein Beitrag wirft ein Schlaglicht auf diese Pläne und zeigt auf, was dies im Detail für Unternehmer bedeutet und worauf zukünftig zu achten ist.

Zunächst jedoch ein Einblick in die Hintergründe der geplanten Neuregelungen:

Am 19. Mai 2024 trat die Richtlinie (EU) 2024/1226 zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der EU und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2018/1673 in Kraft. Diese wurde vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine von der Europäischen Union erlassen und hatte zum Ziel, die Ermittlung und Strafverfolgung von Verstößen gegen die Sanktionen der EU zu erleichtern und zu vereinheitlichen.

Wichtigste Eckpunkte waren dabei u.a. EU-weite Mindestvorschriften für die Festlegung von Straftatbeständen und Sanktionen für Verstöße gegen EU-Maßnahmen bzw. deren Umgehung sowie die Gewährleistung gemeinsamer Grundnormen für Sanktionen in allen EU-Mitgliedstaaten. Da es sich bei der geplanten Regulierung um eine Richtlinie handelt, müssen die Vorgaben der EU noch in nationales Recht umgesetzt werden (Vgl. Kurzinformation: Umsetzung von EU-Richtlinien und Verfassungsrecht, Dt. Bundestag). Die Frist hierfür läuft allerdings am 20. Mai 2025 ab.

Aus diesem Grund wurde noch vor Ablauf der zurückliegenden Legislaturperiode im Bundestag ein Entwurf zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften vorgelegt. Besonders betroffen von den Änderungen sind das Außenwirtschaftsgesetz (AWG), das Zollfahndungsdienstgesetz (ZFdG) und das Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Um nicht auf alle Einzelheiten einzugehen, folgt eine kurze Übersicht über die wichtigsten Änderungen des AWG.

Änderung § 18 AWG

Bereits in der Vergangenheit normierte § 18 AWG die Strafvorschriften bei Verstößen gegen das Außenwirtschaftsrecht. So sind schon jetzt Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren möglich. Nun soll jedoch in § 18 Abs. 6a AWG der besonders schwere Fall eingeführt werden, der eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Durch Regelbeispiele soll nun festgesetzt werden,

  •  dass unvollständige oder unrichtige Angaben über die Endverwendung, die Beförderungsroute, den Empfänger, den Versender, den Ursprung, den Käufer, den Verkäufer, die Menge, den Wert oder Beschaffenheit der Güter gegenüber einer öffentlichen Stelle sowie
  • die Nutzung einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Abs. 3 AO, auf die der Täter unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausübt

einen besonders schweren Fall begründen. Insbesondere ist nun zu beachten, dass Umgehungen, die von EU-Unternehmen über Drittstaat-Gesellschaften ausgeführt werden, eine besondere Relevanz erhalten und damit besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Relevant ist dies vornehmlich für Unternehmen, die Tochtergesellschaften in Drittstaaten haben. Insbesondere vor dem Hintergrund der sog. „No-Russia-Clause“, die als Artikel 12g mit dem 12. Sanktionspaket im Dezember 2023 in die Verordnung (EU) 833/2014 aufgenommen wurde, ist der Entwurf dieses Regelbeispiels interessant. Die „No-Russia-Clause“ besagt, dass beim Verkauf, der Lieferung, der Verbringung oder der Ausfuhr von bestimmten Gütern oder Technologien in ein Drittland, die Ausführer ihren Vertragspartnern jegliche Wiederausfuhr nach Russland und auch die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland, vertraglich untersagen müssen. Dies beinhaltet auch, dass die Vertragspartner sich dazu verpflichten müssen, die Güter nicht an Dritte auszuliefern, die dann wiederum nach Russland exportieren. Bei einem Verstoß des Vertragspartners gegen diese vertragliche Verpflichtung, hat der Ausführer die zuständige Behörde darüber zu unterrichten. Mit Erstaunen ist wiederum festzustellen, dass ein Verstoß gegen diese „No-Russia-Clause“, im Rahmen des Referentenentwurfs, keinen Einzug als Straftatbestand in das AWG zu finden scheint. Dennoch ist der Kernpunkt dieses Artikels 12g der VO 833/2014, namentlich die Verhinderung von Umgehungshandlungen über Drittstaaten, durch das Regelbeispiel aufgegriffen. Inwieweit die Regelbeispiele unbestimmte Rechtsbegriffe beinhalten und wie die Begriffe „beherrschend“ und „bestimmenden Einfluss“ auszulegen sind, wird sich wohl zeigen müssen. Eines ist jedoch offensichtlich: Sie vermitteln Rechtsunsicherheit für den Rechtsunterworfenen.

Umgehungstatbestände

Von hoher Relevanz ist auch die strafrechtliche Sanktionierung von Pflichtumgehungen. In der Begründung des Entwurfs wird zwar erläutert, dass die Novellierung keinen allgemeinen Tatbestand der Sanktionsumgehung vorsieht, dennoch werden zumindest umgehungsbezogene Tatbestände, nun in § 18 Abs. 1 Nr. 3 lit. a und b, aufgenommen. Der Entwurf sieht vor, dass Personen, die einem genannten Verbot der Umgehung bestimmter Pflichten zuwiderhandelt, indem er

  1. Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen, auf die sich eine in Nummer 2 genannte Pflicht bezieht, verwendet oder an einen Dritten transferiert oder über solche Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen in sonstiger Weise verfügt, um diese Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen zu verschleiern, oder
  2. eine falsche oder irreführende Information zur Verschleierung des Eigentümers oder des Begünstigten von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen, auf die sich eine in Nummer 2 genannte Pflicht bezieht, bereitstellt

bestraft werden. Insbesondere ist im Rahmen der Strafbarkeit ausgewiesener Umgehungshandlungen erneut darauf hinzuweisen, dass auch im Rahmen der vorgesehenen Regelbeispiele eine höhere Sanktionierung für besonders schwere Fälle der Sanktionsumgehung vorgesehen ist.

Grob fahrlässiges bzw. leichtfertiges Verhalten

Zudem sollen mit der Änderung des AWG nun auch leichtfertige Verstöße gegen das Ausfuhrverbot bestimmter Dual-Use-Güter, also Gütern die sowohl im zivilen als auch militärischen Bereich genutzt werden können, bestraft werden. Dies betrifft insbesondere Güter, die in Anhang I und IV der VO (EU) 2021/821 gelistet werden. Die gelisteten Güter reichen von spezieller Software-Technologie, über spezielle Verbundwertstoffe bis hin zu Technologien, die zur Herstellung von Dieselmotoren für Landfahrzeuge eingesetzt werden. Geregelt werden soll dies in § 18 Abs. 8a AWG.

Statt Ordnungswidrigkeiten nun Straftaten

Von hoher Relevanz ist auch, dass einige (frühere) Ordnungswidrigkeiten eine neue Qualität bekommen und als Straftaten klassifiziert werden sollen. Bisherige Ordnungswidrigkeiten die in § 82 AWV normiert waren, werden jetzt als Straftaten verfolgt und sanktioniert. Dies betrifft vor allem den Finanzbereich. Zu beachten ist darüber hinaus auch, dass die in § 19 Abs. 5 Nr. 1 AWG geregelte sog. „Jedermannspflicht“, deren Verstoß dort als Ordnungswidrigkeit eingestuft wird, für Berufsträger in Zukunft noch relevanter werden soll. Der Entwurf sieht für § 18 Abs. 5a vor, dass Personen, die „in Ausübung einer Berufspflicht erlangte Information über Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen, auf die sich eine in § 18 Abs. 1 Nr. 2 genannte Pflicht bezieht, der in dem Rechtsakt genannten zuständigen Verwaltungsbehörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermitteln“, sich einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr gegenübersehen können. Gleichwohl bleibt die „Jedermannspflicht“ in § 19 Abs. 5 Nr. 1 AWG als Ordnungswidrigkeit erhalten.

Wegfall des persönlichen Strafaufhebungsgrundes der tätigen Reue einerseits, Strafbefreiung bei humanitärer Hilfe andererseits

Der Entwurf sieht darüber hinaus vor, dass eine Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung, wie sie in § 18 Abs. 13 AWG aktuell noch geregelt ist, nicht mehr möglich sein soll. Vorgesehen ist nun jedoch in § 18 Abs. 11 AWG, dass Handlungen, die zur humanitären Hilfe für bedürftige Personen oder Tätigkeiten zur Unterstützung grundlegender menschlicher Bedürfnisse ausgeführt werden, strafrechtlich nicht verfolgt werden.

Wegfall der Karenzzeit

Eine ebenfalls wichtige Änderung ist der Wegfall der zweitägigen Karenzzeit für bestimmte Verstöße, die bisher in § 18 Abs. 11 und Abs. 12 AWG geregelt war. War es im Rahmen der bisherigen Normierung möglich straffrei zu bleiben, wenn der Verstoß innerhalb von zwei Tagen nach Veröffentlichung des Rechtsaktes im Amtsblatt der Europäischen Union bzw. der Bekanntgabe einer Anordnung begangen wurde und von einem Verbot oder einem Genehmigungserfordernis keine Kenntnis bestand, soll diese Möglichkeit nun nicht mehr bestehen. Die beiden Strafausschließungsgründe der § 18 Abs. 11 und Abs. 12 AWG sollen in Gänze gestrichen, vergleichbare Regelungen nicht mehr eingeführt werden.

Mit Inkrafttreten der Novelle, wären die Verstöße also ab dem Moment strafbar, in dem die Rechtsakte veröffentlicht werden. Begründet wird dies damit, dass die Beibehaltung der Karenzzeit, vor dem Hintergrund europarechtskonformer Richtlinienumsetzung, nicht zulässig gewesen wäre.

Die Neuregelung stellt eine erhebliche Herausforderung für Unternehmen dar. Regelmäßig handelt es sich bei den neu erlassenen Rechtsakten um umfangreiche und komplexe Regelwerke, deren unmittelbare Erfassung und Umsetzung in der unternehmerischen Praxis nicht ohne weiteres möglich ist.  Neben den Rechtsakten werden häufig entsprechende Leitlinien oder andere Hinweise veröffentlicht, die dem Verständnis dienen sollen. Diese Vielzahl und die Komplexität der bereitgestellten Informationen erweisen sich als kaum überschaubar.

Daher wird es mit Inkrafttreten der Novelle notwendig sein, zukünftige, rechtliche Vorhaben frühzeitig zu erkennen und entsprechend die Unternehmen darauf einzustellen. Insbesondere vor dem Hintergrund des enormen Bürokratieaufwandes, wird ein Wegfall der Karenzzeit die Unternehmen vor große Probleme stellen.

Höhere Bußgelder

Zum Schluss ist darauf hinzuweisen, dass auch die Höchstgrenze des Bußgeldes von ursprünglich zehn Millionen, auf vierzig Millionen erhöht werden soll. Dies stellt eine enorme Steigerung dar, die insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen empfindlich treffen kann.

Fazit:

Fraglich ist, inwiefern die aktuelle Wahlperiode, mithin der neu gewählte Bundestag und der Amtsantritt der neuen Regierung, Auswirkungen auf die Umsetzung des beschriebenen Entwurfs haben werden. Im Rahmen des Grundsatzes der Diskontinuität gilt nämlich, dass alle Gesetzesentwürfe verfallen, die bis zum Ende einer vorangegangenen Legislaturperiode nicht abgearbeitet worden waren. Eine solche Situation liegt nun vor. Doch ist aufgrund des engen Zeitrahmens, davon auszugehen, dass auch die neue Regierung den Entwurf und damit die Änderungen des AWG entsprechend beibehalten und aufgreifen wird.

Die geplanten Änderungen des Außenwirtschaftsgesetzes stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen in Bezug auf Compliance und Risikomanagement. Es wird erwartet, dass insbesondere Unternehmen in den Bereichen Technologie, Energie und Infrastruktur verstärkt in die Pflicht genommen werden. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den neuen Anforderungen und die Implementierung entsprechender Kontrollmechanismen sind daher dringend anzuraten, um potenzielle Risiken zu minimieren und die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen ist aufgrund der hohen Bußgelder, die drohen können, dazu zu raten, sich bereits im Vorfeld mit diesen Themen auseinanderzusetzen.

Gerne beraten wir Sie bei Fragen zu diesem Thema.

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