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27. Februar 2025

Cum-Ex-Skandal: Der größte Steuerbetrug Deutschlands und seine juristische Aufarbeitung

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Der Cum-Ex-Skandal gilt als der größte Steuerbetrug Deutschlands. Erfahre hier den aktuellen Stand der Ermittlungen, welche Rolle Anne Brorhilker spielte und was die Justiz jetzt plant.

Der Cum-Ex-Skandal hat den deutschen Staat um Milliarden betrogen. Banken, Investoren und Anwälte nutzten ein Schlupfloch im Steuerrecht, um sich einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mehrfach erstatten zu lassen. Die Aufarbeitung dieses gigantischen Steuerbetrugs ist kompliziert und zieht sich über Jahre hin. Doch wie ist der aktuelle Stand der Ermittlungen? Und welche Rolle spielt der Rücktritt von Deutschlands bekanntester Cum-Ex-Ermittlerin Anne Brorhilker?


Was war der Cum-Ex-Skandal?

Der Cum-Ex-Skandal bezeichnet illegale Aktiendeals rund um den Dividendenstichtag, bei denen Investoren und Banken die Kapitalertragsteuer mehrfach erstattet bekamen. Zwischen 2006 und 2011 entstand so ein Milliardenschaden für den deutschen Fiskus. Erst 2012/2013 wurde das betrügerische System öffentlich bekannt, seitdem arbeitet die Justiz an der juristischen Aufarbeitung.

Die ersten Urteile sind bereits gefallen: Der als Hauptarchitekt des Skandals geltende Anwalt Hanno Berger wurde zu acht Jahren Haft verurteilt. Doch hunderte weitere Beschuldigte stehen noch im Fokus der Ermittlungen.


Anne Brorhilker: Die treibende Kraft hinter den Ermittlungen

Anne Brorhilker war lange das Gesicht der Cum-Ex-Ermittlungen. Als Chefermittlerin der Kölner Staatsanwaltschaft leitete sie rund 120 Verfahren gegen 1.700 Beschuldigte. Ihre unermüdliche Arbeit brachte zahlreiche Täter vor Gericht. Doch im Frühjahr 2024 trat sie frustriert zurück und wechselte zur NGO Finanzwende. (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mehr-wirtschaft/cum-ex-chefermittlerin-anne-brorhilker-wirft-hin-19670576.html).

Ihre Begründung: mangelnde Unterstützung durch die Justiz und die Politik. Beim Abschied kritisierte sie scharf: „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“ Ein Vorwurf, der viele Beobachter beunruhigt. Wie geht es nun weiter ohne die führende Cum-Ex-Jägerin?


Aktueller Stand der Ermittlungen: Droht der Stillstand?

Nach Brorhilkers Abgang übernahm Oberstaatsanwalt Tim Engel die Leitung der Cum-Ex-Abteilung in Köln. Er kündigte an, bis Ende 2024 fünf neue Anklagen erheben zu wollen. Doch laut Recherchen wurde seit April 2024 keine einzige neue Anklage erhoben.

Die Staatsanwaltschaft steht vor großen Herausforderungen: Mehr als 130 Verfahren gegen rund 1.700 Beschuldigte sind noch offen. Ohne genügend Ressourcen könnte die Aufklärung ins Stocken geraten.


Fall Kai-Uwe Steck: Vom Kronzeugen zum Angeklagten

Ein besonders brisanter Fall ist der des Anwalts Kai-Uwe Steck. Einst enger Vertrauter von Hanno Berger, wurde er später zum Kronzeugen und belastete seine ehemaligen Geschäftspartner.

Doch bei seinem eigenen Prozess im November 2024 machte seine Verteidigung schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft. Ihm sei angeblich zugesichert worden, dass sein Verfahren eingestellt wird – ein Versprechen, das nicht eingehalten wurde. https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/cum-ex-prozess-106.html. Ob diese Behauptung der Wahrheit entspricht, bleibt unklar.

Im Februar 2025 folgte der nächste Skandal: Steck konnte nicht wie versprochen seine 50 Millionen Euro Cum-Ex-Beute an den Staat zurückzahlen. Statt Bargeld hatte er nur Wertpapiere hinterlegt, deren Firmen inzwischen insolvent sind. Nun ist das Geld größtenteils verloren.

Dieser Fall zeigt die Schwierigkeiten, gestohlene Steuermillionen tatsächlich zurückzuholen. Die Justiz muss sich nun fragen, wie hart sie gegen einen Kronzeugen vorgeht, der einerseits bei der Aufklärung half, aber andererseits massiv profitierte.


Wie geht es weiter? Wird die Justiz pragmatischer?

Nach dem Abgang der kompromisslosen Brorhilker stellt sich die Frage, ob die Ermittler künftig selektiver vorgehen. Bisher wurden selbst Randbeteiligte verfolgt – von Großbankern bis hin zu Aktienhändlern. Doch angesichts begrenzter Kapazitäten könnte sich der Fokus nun stärker auf die Haupttäter richten.

Eine Möglichkeit wäre, Verfahren gegen weniger zentrale Figuren gegen Geldauflagen einzustellen (§ 153a StPO). Das würde die Justiz entlasten und den Fokus auf die Hauptverantwortlichen lenken. Insider vermuten, dass ohne Brorhilkers persönlichen Einsatz ein pragmatischerer Ansatz Einzug halten könnte.


Fazit: Gerechtigkeit mit Augenmaß

Die strafrechtliche Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals darf nicht ewig dauern. Ein gezieltes Vorgehen – mit Fokus auf die Haupttäter – wäre sinnvoller, als jeden kleinen Beteiligten vor Gericht zu zerren.

Die kommenden Monate werden zeigen, welchen Kurs die Kölner Staatsanwaltschaft einschlägt. Werden die angekündigten Anklagen erhoben? Werden mehr Verfahren eingestellt? Und werden die Hauptverantwortlichen zur Rechenschaft gezogen?

Der Cum-Ex-Skandal ist noch lange nicht vorbei – aber die Justiz muss nun beweisen, dass sie auch ohne ihre prominenteste Ermittlerin handlungsfähig bleibt.

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