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4. Juni 2025

17. EU-Sanktionspaket gegen Russland: Neue strafrechtliche Risiken für Unternehmen

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1. Einleitung: Sanktionen als strafrechtliches Risiko

Mit dem 17. EU-Sanktionspaket gegen Russland verschärft die Europäische Union ihre Maßnahmen gegen den russischen Angriffskrieg erneut – und rückt Unternehmen noch stärker in den Fokus.

Was oft übersehen wird: Es handelt sich längst nicht mehr nur um außenwirtschaftliche Genehmigungsfragen. Wer gegen die Sanktionen verstößt, riskiert in Deutschland eine strafrechtliche Verfolgung – und mit der geplanten AWG-Reform wird diese Schwelle weiter abgesenkt.

2. Was regelt das 17. Sanktionspaket konkret?

Der Beschluss (GASP) 2025/931 des Rates vom 20. Mai 2025 enthält unter anderem:

  • Aufnahme von 189 Schiffen in die Sanktionsliste (v. a. Tanker der sog. Schattenflotte).
  • Erweiterung der Liste sanktionierter Güter, u. a.:
    • Chemische Vorprodukte für Sprengstoffe
    • CNC-Maschinenersatzteile
    • Elektronik für Drohnen
    • Halbleiter und metallische Speziallegierungen
  • Listung von 31 weiteren Organisationen (teilweise in Drittstaaten), die mutmaßlich zur militärisch-technologischen Unterstützung Russlands beitragen
  • Verbot maritimer Dienstleistungen (z. B. Wartung, Versicherung, Umladung) für betroffene Schiffe
  • Verlängerung der Ausnahme für Ölexporte aus Sakhalin-2, aber unter schärferer Aufsicht

Diese Maßnahmen mögen technisch klingen – doch sie greifen tief in Unternehmensabläufe ein.

3. Strafbarkeit: Was Unternehmen jetzt wissen müssen

Die Vorschriften entfalten ihre Wirkung nicht nur auf der Ebene von Genehmigung und Zoll – sondern im Strafrecht. Die zentrale Frage lautet:

Wer haftet, wenn ein Unternehmen gegen diese Sanktionen verstößt?

Die Antwort: Geschäftsleiter, Exportverantwortliche und Compliance-Beauftragte. Die Strafbarkeit kann sich insbesondere ergeben aus:

  • § 18 Abs. 1 Nr. 1 AWG (aktuelle Fassung): vorsätzlicher Verstoß gegen EU-rechtliche Embargovorschriften → bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe
  • § 19 AWG: Fahrlässige Verstöße – bislang eher selten verfolgt, aber durch die AWG-Novelle voraussichtlich verschärft
  • § 130 OWiG / § 30 OWiG: Verbandsgeldbuße bei Organisationsverschulden möglich – bis zu 10 Mio. € (!) Bußgeld

Besonders relevant:

Bei Lieferketten über Drittländer (z. B. Türkei, VAE, China) kann bereits der Anschein von „Augenverschließen“ genügen, um bedingten Vorsatz oder zumindest fahrlässiges Verhalten zu begründen.

4. Gesetzesänderung in Deutschland: Strafbarkeit wird zur Regel

Die geplante Reform des Außenwirtschaftsgesetzes bringt eine drastische Verschärfung:

Fahrlässige Verstöße gegen EU-Sanktionen sollen künftig regelmäßig strafbar sein.

Unsere Kollegin Helena Vöge hat dies in ihrem lesenswerten Beitrag zur AWG-Novelle bereits analysiert:

Weiterlesen: Beitrag von Helena Vöge zur AWG-Reform

In ihrem Beitrag zeigt sie auf, wie die geplante Gesetzesänderung die Sanktionsdurchsetzung verschärfen soll – insbesondere durch die Strafbarkeit fahrlässiger Verstöße und eine Ausweitung der Unternehmensverantwortung.

5. Praxisfolgen: Was Unternehmen jetzt konkret tun sollten

Die Risiken betreffen nicht nur Großkonzerne, sondern auch mittelständische Unternehmen mit internationalen Lieferbeziehungen, insbesondere in diesen Bereichen:

  • Maschinen- und Anlagenbau
  • Chemische Industrie
  • Logistik und maritimer Sektor
  • Elektronik- und Sensorikhersteller
  • Technische Handelsunternehmen

Empfohlene Sofortmaßnahmen:

  • Überprüfung bestehender Exporte auf neue Güterklassifikationen
  • Bewertung aller Drittstaaten-Geschäfte auf mögliche Umgehungsrisiken
  • Anpassung interner Sanktions-Compliance-Richtlinien
  • Schulung von Exportverantwortlichen und Legal Teams
  • Dokumentation von Prüfprozessen (Stichwort: Legal Shield)

6. Fazit: Strafrechtliche Konsequenzen werden Realität

Das 17. EU-Sanktionspaket zeigt: Die EU meint es ernst – und Deutschland wird folgen. Verstöße gegen Embargovorgaben sind längst nicht mehr bloßes Ordnungswidrigkeitenrisiko, sondern echtes Strafrecht.

Die Anforderungen an Sorgfalt und Dokumentation steigen – und mit ihnen die persönliche Haftung.

Wir unterstützen Sie bei der Risikoanalyse, Compliance-Prüfung und der präventiven Absicherung Ihrer Geschäftsabläufe. Kontaktieren Sie uns frühzeitig, bevor Ermittlungsbehörden es tun.

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Via Telefon:
069 24 74 68 70

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