Vor einigen Tagen machte ein Fall Schlagzeilen:
Am Flughafen München wurde eine chinesische Reisende mit 455.000 Euro Bargeld im Gepäck erwischt, versteckt in Kissenbezügen – ohne Anmeldung, ohne plausible Erklärung. Das Geld wurde beschlagnahmt und die Staatsanwaltschaft führt nun ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche. Unter anderem berichtet der Merkur.
Solche extremen Fälle gibt es, und ja: In solchen Fällen spricht Vieles dafür, dass diese Summen aus illegalen Quellen stammen und dann ist es auch Gesetzeslage, dass dieses Geld eingezogen wird.
Aber: Die Jagd nach vermeintlich „illegalem Bargeld“ hat inzwischen ein Ausmaß erreicht, das rechtsstaatlich fragwürdig ist.
Ein aktueller Fall aus der Praxis
Ich verteidige derzeit einen Mann, bei dem im Zuge einer allgemeinen Verkehrskontrolle Bargeld im niedrigen fünfstelligen Bereich gefunden wurde. Das Geld war in Banderolen seiner Hausbank, er konnte im Online-Banking nachweisen, dass er es am selben Tag dort abgehoben hatte. Sein erklärter Zweck: der Kauf eines hochwertigen Gebrauchtwagens. Aber der kontrollierende Beamte, glaubte ihm nicht.
Selbst als er den WhatsApp-Verkehr mit dem Verkäufer zur Anbahnung des Fahrzeugkaufs vorzeigte, lautete die Antwort des Beamten:
„Wenn das stimmen würde, hätten Sie das Geld ja auch überweisen können.“
Die Antwort meines Mandanten:
„Das ist richtig. Aber der Verkäufer wollte es in bar.“
Das Ergebnis: Sicherstellung des gesamten Betrags.
Seit Wochen versuche ich nun, das Geld zurückzuerhalten – bislang ohne jede inhaltlich nachvollziehbare Positionierung der Ermittlungsbehörden. Am Ende wird mein Mandant das Geld wiederbekommen. Doch ist es richtig, dass ein Bürger monatelang darum kämpfen muss – und dafür noch Anwaltskosten trägt?
Bargeld als Verdachtsmoment
Natürlich: Bargeldtransaktionen sind anfällig für Geldwäsche. Aber wann genau wurde der Besitz von Bargeld selbst zum Verdachtsmoment? Ist der private Barkauf eines Autos heute per se eine Straftat?
Oder liegt es schlicht daran, dass mein Mandant südländisch aussieht und einen schwarzen 3er-BMW fährt? Diese Fragen stammen nicht von mir, sondern von meinem Mandant. Denn er glaubt nicht daran, dass mit einem "Bio-Deutschen" genauso umgegangen worden wäre. Was soll ich ihm hierzu sagen? Mir fehlen die Argumente, um die Ermittlungsbehörden in Schutz zu nehmen, wenn Polizei und Staatsanwaltschaft nicht mehr auf Basis belastbarer Anhaltspunkte agieren, sondern auf Bauchgefühle vertrauen.
Rechtsstaatliche Kontrolle braucht Maß und Mitte
Wer illegale Vermögenswerte abschöpft, schützt die Integrität des Rechtsstaats. Wer aber jedem Bürger, der Bargeld mit sich führt, zunächst eine Straftat unterstellt, gefährdet genau diese Integrität. Rechtsstaatlichkeit bedeutet nicht nur, Täter zu verfolgen – sondern auch, Unschuldige zu verschonen.
Fazit
Bargeld ist in Deutschland noch immer gesetzliches Zahlungsmittel. Es ist nicht verboten, ein Auto bar zu bezahlen. Und es ist nicht die Aufgabe eines privaten Käufers, die Motive des Verkäufers zu hinterfragen. Solange das so ist, darf der Besitz größerer (hier niedriger fünfstelliger) Bargeldbeträge kein hinreichender Grund sein, um Menschen zu kriminalisieren.
Sonst wird aus präventiver Geldwäschebekämpfung schleichend eine Misstrauenskultur – und die sollte in einem Rechtsstaat keinen Platz haben.
Die Ankündigung der Regierung treibt schon jetzt gefährliche Stilblüten. Wie wird es erst werden, wenn die im Koalitionsvertrag angestrebte volle Beweislastumkehr Gesetzeslage wird?


